General-Anzeiger Bonn

Beethoven mit Notenblatt und Pendeluhr
Kunst Barbara Uhrmacher modelliert Portrait-Büsten aus Ton. Der Komponist mit dem markanten, strengen Gesicht und der wallenden Haarpracht ist das Lieblingsmotiv der Augustinerin

Sankt Augustin. Aquarelle, Hinterglasmalereien, Blumengestecke - in Barbara Uhrmachers Haus am Habichtweg in Schmerbroich hängen Kunstwerke aller Sparten. Die meisten hat die 44-Jährige selbst gefertigt - auch zahlreiche Tonbüsten ihrer Kinder Felix (zehn Jahre) und Daniela (15). Die Kinder waren es, die sie vor zehn Jahren erstmals zum Ton greifen ließ. „Junge Menschen verändern sich so schnell. Ein Foto kann das nicht einfangen", sagt die Ingenieurin für Vermessungswesen, die sich den Umgang mit dem weichen Material selbst beigebracht hat. Inzwischen sind mehr als 100 Werke entstanden.

Zwischen Efeuranken, Rosensträuchern und Feuchtbiotop hat Barbara Uhrmacher im Gartenhaus ihr Atelier. An den Wänden hängen Ausstellungsplakate, in den Regalen stehen fertige Werke: ein ruhender Hirsch, eine Meerjungfrau und bunt bemalte Blumen. Neben dem Arbeitstisch liegen Großpackungen mit Ton. Der Ma terialverbrauch ist immens - rund acht Mal im Jahr kommt sie vom Großhändler mit jeweils 30 Kilo nach Hause.

Bis zu drei Monate arbeitet Barbara Uhrmacher an jeder Büste. Vom lebenden Vorbild nimmt sie eine Maske aus Gips, macht Fotos und zeichnet eine Portraitskizze. Die groben Formen modelliert sie mit der Hand. Für die Details verwendet sie 30 „Modellierhölzchen" in Form kleiner Schaber und Löffel, abgerundet und zugespitzt, manche mit kleinen Metallhaken versehen. Chirurgische Feinarbeit - und tatsächlich benutzt sie zuweilen auch ererbte Instrumente ihres Vaters, der Zahnarzt war.

Damit die Formen nicht im Ofen zerspringen - „dann herrscht im Haus tagelang Totenstimmung" -, darf kein Teil dicker als drei Zentimeter sein. In den Kopf bohrt Uhrmacher Löcher zur besseren Luftzirkulation, bevor sie Zusatz-Teile wie Frisur und Mützen hinzufügt. Im elektrisch geheizten Ofen wird die Figur dann acht Stunden lang bei 1 200 Grad gebrannt. Sie muss einen Tag lang auskühlen, bevor sie mit Ölfarbe bemalt wird. Grenzen setzt den Skulpturen allein die Größe des Ofens: Er ist knapp einen Meter hoch und hat 55 Zentimeter Durchmesser.

Barbara Uhrmacher sieht sich der realistischen Bildhauerei verpflichtet - abstrakte oder experimentelle Formen sucht der Kunstfreund unter ihren Werken vergebens. Bisweilen arbeitet sie jedoch mit leichten Verfremdungs-Effekten: Ihre Schwägerin zeigte sie mit Schlangen im Haar, ihren Sohn mit Herbstlaub vor Auge und Brust. Konkrete Aussagen liegen ihr nicht im Sinn. „Das entsprang beim Modellieren einfach meiner Fantasie." Ihr Lieblingsmotiv ist der Komponist Ludwig van Beethoven: An die zehn Mal hat die gebürtige Bonnerin das markante, strenge Gesicht mit der wallenden Haarpracht in Ton gefasst - auch als Gesamtkunstwerk mit Notenblatt der Klavier-Etüde „Für Elise" und eingebauter Pendeluhr: "Als eine Art zusätzlicher Signatur meines Namens »Uhrmacher«."

Wer sich ein erstes Bild von Barbara Uhrmachers Kunst machen will, kann zwei der Beethoven-Büsten in Bonner Hotels begutachten: Eine steht im „Rheinhotel Dreesen" in Bad Godesberg, eine weitere im „Königshof" in der Innenstadt. Sechs Ausstellungen waren bislang ihrem Werk gewidmet - etwa im „Sandbauernhof" in Liedberg bei Neuss, bei der Indu strie- und Handelskammer Koblenz und bei der „Bad Godesberger Kreditbank" in Bonn-Mehlem. Und was würde sie modellieren wollen, wenn Zeit und Geld keine Rolle spielten? „Eine lebensgroße Büste von Konrad Adenauer - wegen der markanten Gesichtszüge. Vor allem die vielen tiefen Falten reizen mich."

Nähere Informationen bei Barbara Uhrmacher unter e 0 22 41/34 32 55 oder im Internet unter http://home.t-online.de/home/modern-art-bust/index.htm